Wolfgang Schwarz & Naomi Campbell - 20 years of success

Wolfgang Schwarz, chairman of Look models international inc.,'s personal diary about his highlights with Naomi Campbell printed in Wiener magazine. .

“ Auch ich habe ein Privatleben”, tobte sie im Gerichtssaal 13 der High Courts weiter. Ein Recht, das ihr die britische Yellow Press seit langem streitig macht. Weshalb auch Supermodel Naomi Campbell bekanntlich das Tagblatt “Daily Mirror” klagte. Der Prozess, der den Verlierer demnächst um eine knappe Million Euro ärmer machen wird, beschäftigt das Inselvolk naturgemäß heftig. Reine Haltungsfrage. Entweder man hasst sie oder man liebt sie. Egal ist Naomi niemandem.

Ihr Pech, dass sich die Naomi Hasser eindeutig als wortgewaltiger erwiesen. Wer den vergangenen März das Gift des britischen Boulevards inhalierte, bekam das Bild einer bodenlosen, arroganten, selbstgerechten Zicke einverleibt, die Naomi Campbell hieß und arglosen Zeitgenossen per “Reizwort“ Supermodel die Absurdität des Daseins vor Augen führte.
Auf der Strecke blieb dabei die andere Naomi. Jene, die Nelson Mandela vor Jahren als Enkelin adoptiert und als Fundraiserin für Südafrika gewonnen hatte. Miss Campbell war ja nie ein Supermodel wie die anderen. Den Kates und Lindas etwa fielen die hochkarätigen Superverträge der Kosmetikindustrie praktisch in den Schoß. Naomi musste ein Jahrzehnt lang darum kämpfen. Der Grund für die Sonderstellung ist die Farbe ihrer Haut. Eine Haut ihrer Farbe hatte sich beispielsweise vor 1988 noch nie auf das Cover des Modemagazins „Vogue“ verirrt. Das änderte sich erst durch Naomi Campbell. Und so gesehen zeichnet sich ein trister Hintergrund zum englischen Naomi Hass ab: Schlimm genug, dass die Campbell eine Zicke ist. Aber eine Zicke und auch noch schwarz sein, das ist schon ein starkes Stück. In England blieb es dem liberalen „Guardian“ vorbehalten, dem Supermodel den nötigen Minimum an Respekt zu zollen: „Es ist verdammt schwer, schwarz zu sein“, schrieb dort die Journalistin Susannah Frankel. „ Für viele Leute repräsentiert Naomi daher eine Erfolgstory. Wenn Du schwarz bist und einen Status wie Naomi hast, repräsentierst du die Entwicklung deiner Rasse. Campbell schaffte das in der Modewelt, so wie es Oprah Winfrey in ihrer Welt schaffte. Sie ist ein Vorbild. Als schwarze Frau trägt sie Verantwortung, sich selbst und der schwarzen Welt gegenüber. Das macht sie zur außergewöhnlichen Frau. Und dafür hat sie auch Applaus verdient.“ Der entsprechende Applaus ging Österreichs oberstem Model-Agent Wolfgang Schwarz (Look Models international inc.) stets leicht von der Hand. Er war denn auch von der aktuellen Anti-Naomi-Welle betroffen genug, um im Folgenden ein Bild von der Campbell zu bieten, das nur einer bieten kann, der eine langjährige gemeinsame Geschichte mit ihr hat. Als Plädoyer für ein schwarze Ikone sozusagen.
Schwarz’ Notizen beginnen Ende der 80er Jahre. Miss Campbell, am 22.5.1970 geboren, hat soeben mit ihrem hinreißenden Lächeln die Modewelt verführt und den Cover-Coup bei „Vogue“ gelandet – und ist als Versaces Muse Richtung Supermodel unterwegs. Sie ist erst seit wenigen Jahren groß im Geschäft, aber bereits abgebrüht wie ein Wildhase, der unweit der Autobahn groß wurde.
 
1989 ADELMÜLLER SHOW
Naomi ist während ihres Wien-Aufenthaltes durchwegs reizend. Was nicht heißen soll, dass sie über Allüren erhaben ist. Sie telefoniert etwa vom Auto aus mit Robert De Niro in Cannes und sagt kurzfristig ihrer New Yorker Agentur mehrere Buchungen ab, weil sie mit „Bobby“ auf eine Insel fahren will. Während der Show gibt es einmal Krach mit einer in Naomis Augen zu langsamen Anziehhilfe, der sie die Kleider in Gesicht schleudert, um anschließend 10 Minuten lang nackt auf dem Boden zu sitzen. Das Alles erscheint mir wie die Profilneurose eines Teenagers, eine Art lautstarke Sehnsucht nach Anerkennung. Andererseits kann man es auch als Privileg verstehen, beim Naturereignis der nackt am Boden kauernden Naomi live dabei gewesen zu sein. Und die Fotos zur Show waren umwerfend. Die Wiener Presse „kniet“ vor ihr. Wochen später moderiert Naomi gemeinsam mit „Elite“ Boss John Casablancas den „Look of the Year“-Bewerb. Casablancas erleidet fast einen Herzinfarkt, weil Naomi alle Stichworte vergisst. Allerdings trägt sie dabei einen Versace Catsuit aus Spitze -  komplett durchsichtig und nur durch ein winziges schwarzes Höschen ergänzt. Daher ist es den Leuten auch egal, was sie sagt. Jeder starrt sie nur begeistert an. Das hat sie sich auch verdient.
 
1992   TRUSSARDI SHOW SALZBURG
Naomi hat sich in den vergangenen 3 Jahren mächtig gemausert. Als Supermodel verdient sie nur sechsstellige Summen pro Show. Was immer sie trägt wird zum Modetrend. Selbst gelegentliche Fauxpas - wie ihr berühmter Catwalk-Sturz in Westwoods Plateauschuhen - erwachsen ihr zum Vorteil. Das Foto davon wird zum prägenden Mode-Image der Dekade. Allerdings gibt es auch Zeichen, dass ihr das Prädikat „super“ etwas zu Kopfe steigt. Der Choreograf nimmt Naomi im Auto nach Salzburg mit, die Models sollen um 14Uhr zum Fitting, alles scheint in Ordnung. Dann verweigert Naomi das Fitting und verschwindet für eine Stunde auf ihr Zimmer. Erst als ich vor Naomis Zimmertür auftauche und ihr mit Gagenentzug drohe, erscheint sie mit zweistündiger Verspätung zum Fitting. Bei der Show ist sie gewohnt grandios, lehnt aber die Interviewbitten dreier deutscher TV Anstalten ab, bis sie nach einer Intervention meinerseits dann doch mit ihnen spricht. Die ganze Interviewzeit hindurch hält sie übrigens Händchen mit mir. Anzumerken wäre, dass es im Leben wesentlich unangenehmere Dinge gibt, als mit Naomi Campbell Händchen zu halten. Als ich ihr im Laufe des Abends vorwerfe, dass sie immer arroganter wird, entzieht sie mir ihre Hand. Das Leben hat eben auch seine grausamen Seiten. Monate nach Salzburg kommt es anlässlich eines Abendessens in Gianni Versaces Penthouse zum Wiedersehen mit ihr. Am runden Tisch sitzen neben Naomi u.a. auch Sylvester Stallone und Linda Evangelista. Ein Umfeld, das sie offensichtlich in großen Zügen genießt. Sie macht sich ständig über Stallones Körpergröße lustig. Ein guter Abend.
                                                                                                              
 
1996 CASINO ERÖFFNUNG BADEN
 
Man hat Naomis Karriere wiederholt tot gebetet. Aber hier ist sie wieder, so stark wie eh und je. Ich besorge vorsorglich einen Privatjet, der Naomi von Mailand abholen soll, damit es zu keinen Verspätungen kommt. Allerdings muss sie vor dem Flug noch mit Versace Tee trinken, und das dauert eineinhalb Stunden. Nachdem wir den „Slot“ am Mailänder Flughafen verpassen, kommen wir mit zweieinhalb Stunden Verspätung in Wien an. Gewisse Dinge ändern sich nie. Naomi wird mit einer Polizeieskorte nach Baden gebracht, wo sie zunächst mal auf ihrem Zimmer eine Ewigkeit mit diversen Boyfriends telefoniert. Mit im Zimmer ein Plastiksackerl mit eineinhalb Millionen Schilling in bar, was ich aber dem Security-Mann verschweige, um seine Nerven zu schonen. Und dann kommt es wieder zu einem jener raren Momente, die in meinen Augen beweisen, dass Gott existiert: Mit zwei Handys am Ohr läuft sie eine gute Stunde lang exklusiv für meine Augen in Höschen herum, während im Casino der österreichische Bundespräsident auf sie wartet. Als sie sich schließlich dem Bad in der 7.000köpfigen Menge ergibt, ist Herr Klestil bereits einigermaßen „verschnupft“ abgereist. Und Naomi umarmt den schwer erröteten Casino-Direktor und haucht „Hi, Mister President“. Ein großer Moment. Politik und Presse sind verzaubert von ihrem Charisma. Ein gewisser Adabei raunt mir zu: „Naomi kann machen, was sie will – sie ist eine Göttin.“ Ein Kommentar, der sich angenehm von dem eines Dr. Zilk abhebt, der sich über „die Allüren der Dame“ mokiert. Der Abend endet mit einem vergeblichen Versuch, ihr das Wiener Nachtleben als interessant zu verkaufen. Wir enden um drei Uhr früh samt ihrer Assistentin in ihrem Hotelzimmer, wo wir uns über ihre Storys zu Tode lachen. Allüren?
 
1997  JOAQUIN CORTES oder DAS KRISENJAHR
Man kann nicht immer in Topform sein, und 1997 geht ziemlich den Bach runter. Gianni Versace und Lady Diana sterben. Damit nicht genug, will auch Boyfriend Joaquin Cortés nicht so, wie Naomi es will. Anruf aus London: dringender Notfall. Naomi kommt inkognito nach Wien. Sie will Cortés überraschen, der hier auftreten soll, doch mit Abwesenheit glänzt. Alles endet im Mega-Streit per Handy. Weil Cortés nicht englisch und Naomi nicht Spanisch kann, muss jemand übersetzen. Chaos. Einige Tage später fliegt Naomi nach Gran Canaria, um es noch einmal zu versuchen. Ergebnis ist der weltweit kolportierte Selbstmordversuch.
 
1999 BUCHUNG LENZING
Lenzing sucht ein Model für eine weltweite Image-Kampagne. Wer wäre dafür besser geeignet als Naomi Campbell? Niemand. Ein Fotoshooting wird von ihr mit Zicken absolviert, weil ihr am Set zu viele Personen anwesend sind. Bei der Pressekonferenz versöhnt sie alle mit ihrer unnachahmlichen Professionalität. Nach einigen Stunden bei Boyfriend Flavio Briatore (per Privatjet) erscheint sie pünktlich (!) in Paris, bedankt sich beim Kunden und absolviert sogar noch ein zusätzliches Shooting. Lenzing hat weltweite Medienpräsenz. Wieder einmal ist Naomi jeden Dollar wert, den sie erhält. Soweit nur ein paar von vielen Skizzen über die wahre Naomi Campbell. Als Gegenpol zur schamlosen Skandalisierung durch die britische Yellow Press. Ich wehre mich dagegen, dass gerade Naomi Campbell als Paradebeispiel für alle negativen Auswüchse des Supermodel-Images herhalten muss. Die wahre Naomi ist abgesehen von ihrem hervorragenden Status in der schwarzen Gemeinschaft, eine der raren Menschen, die dich im Handumdrehen verzaubern können. Grund genug, ihr viel zu verzeihen.
 
Oktober  2004
 
Mein Freund Georg Kindl, teilt mir unter dem Siegel der Verschwiegenheit mit, dass Präsident Mikhail Gorbachev nur einen Wunsch hat, er möchte im Rahmen der women`s world awards , den „style award „ an Naomi Campbell vergeben. Ein kleiner Haken war nur, dass sie zuerst von der Jury gewählt werden musste, diese aber sicher sein musste , dass sie auch erscheint .
Der „Spagat“ , hier zu einer Veranstaltung ohne Gage Naomi`s Zustimmung zu ergattern, gelang mir nur durch eine fast 100% Konfirmation der noch nicht stattgefundenen Jury Entscheidung. Es kam wie es kommen musste, die Jury wählte Nadja Auermann, der Präsident war ratlos , und Naomi durfte nichts erfahren, da sie vielen befreundeten Journalisten bereits von Ihrer „Auszeichnung“ erzählt hatte.
Georg Kindl und ich erfanden , was jetzt einfacher klingt als es war, einen Zusätzlichen Award- „ Die fashion Ikone „. Naomi kam natürlich mit Privat Jet, leicht erkältet mit einem grossen Schal und fast unansprechbar. Als sie ihre Trophäe in Empfang nahm bedankte sie sich bei der Firma die ihr Parfum vertreibt, obwohl die nichts mit der Veranstaltung zu tun hatte, und bei MIR. Das erste Mal in 15 Jahren, und vor 2000 Menschen. Sie rauschte sofort nachher zurück zum Privatjet und obwohl andere Celebrities wie Whitney Houston, Nadja Auermann oder Diane Krüger das Gruppenfoto schmückten, war Naomi zum Zeitpunkt der Aufnahme gar nicht mehr da !
 
 
AUGUST  2006
 
Es ist Ferienzeit, es ist Naomis Geburtstag und ein Medium das es noch nicht einmal gibt, möchte die schwarze Ikone für ihr erstes Cover. Wenn das nicht eine Challenge der Extraklasse für mich war, noch dazu wo das Honorar „österreichisch“ editoriell veranschlagt wurde. Naomi ist schwierig, will trotz vieler Telefonate nicht recht zusagen und baut vielfältige Hindernisse ein. Wir müssen in London fotografieren, der englische Topfotograf Simon Emmett wird auserkoren, und am Shootingtag stehen uns maximal 2 Stunden zur Verfügung. Natürlich wünscht Naomi, dass das Honorar „cash“ mitgebracht wird und der Kunde willigt ein. Obwohl man ihr kein Exemplar der neuen Zeitung“ Österreich“ schicken kann, vertraut sie mir - und das Modeteam, samt Stylistin  und „ Modechef“ , sowie meine Wenigkeit, reisen aus Wien an. Der Flug ist angenehm, das Hotel weniger. London wie immer voll, der Verkehr ein Horror. Trotz aller Handicaps sind wir, die Österreicher, pünktlich im Studio. Alles wird vorbereitet, der Herr Redakteur und die Stylistin sind aufgeregt, der Fotograf cool. Nach einer Stunde Wartezeit, noch immer kein Problem, das ist man ja gewöhnt von Naomi. Nach dem ersten Anruf von mir bei Carol, ihrer Agentin, wird es allen etwas mulmig. Die News: Madame ist „ sehr schlecht drauf“, hat kaum geschlafen wegen eines Festes am Vortag und hat außerdem mehrere Pickel. Carol weiß nicht ob sie kommen wird, vorsichtshalber fährt sie direkt in die Wohnung um sie abzuholen. Nach zweieinhalb Stunden hilft mein „gute Stimmung verbreiten“ und beim Fenster hinausgucken auch nicht mehr, die Atmosphäre im Studio gleicht einer vollen Konzerthalle ohne Band. Zu allem Überfluss hat der Fotograf nun auch keine Zeit mehr, weil er seinem Sohn versprochen hat mit ihm zum Champions League Match zu gehen. Alle sind bereit das Shooting abzusagen, als Naomi endlich erscheint! Aber wie, mit übergroßen Sonnenbrillen und ebensolchem Schal, würdigt sie die Kunden keines Blickes und begrüßt nur mich und den Fotografen. Huscht zum Make up und lässt nur „ihren“ Stylisten die Haute Couture Kleider vorlegen. Sie wählt zwei Outfits aus, lehnt es aber ab den mitgebrachten Schmuck oder die Schuhe anzuziehen. Das Studio wird dichtgemacht, das heißt, dass so viele Paravants aufgestellt sind, dass der Redakteur nur durch einen Schlitz ein kleines „Making of " filmen kann. Nach eineinhalb Stunden verschwindet sie wie sie gekommen ist - schlecht gelaunt und total verhüllt - der Fotograf hat ganze zwei Outfits „ im Kasten „ ! Carole hat „die Kohle" und ich ein weiteres Magengeschwür. Auch das ist Naomi, und manchmal ist es schwer Agent und Freund zugleich zu sein. Zwei Tage später tritt sie in Wien am LIFEBALL auf, ist bezaubernd wie eh und je, und ganz volksnahe. Und- sie kommt ohne Gage.  
 
Es gäbe noch viele Geschichten und Ereignisse, die ich mit Naomi teilen durfte, wie zum Beispiel das RED BULL Fest im Hangar 7 in Salzburg oder ihre Geburtstagsparty in Saint Tropez - letztes Jahr (2011) sah ich sie beim Filmfestival in Cannes, bei der AMFAR GALA, und trotz der Anwesenheit von Stars wie Robert de Niro oder Uma Thurman, war alle Aufmerksamkeit bei Naomi, die mit Carine Roitfeld durch den Saal tanzte und nicht nur mich noch immer bezauberte. .
 
W.S.